So viel Kompetenz zum Thema Daten und Digitalisierung trifft sich selten. Im Clubhaus des ADAC in der Münchner Zentrale des Automobil-Clubs trafen sich Expertinnen und Experten, um über Nutzereinwilligungen, Künstliche Intelligenz und Identität im Internet diskutieren. "Wir wollen nicht abgehoben sein, deshalb haben wir viele Vertreterinnen und Vertreter aus der Wirtschaft, von Aufsichtsbehörden und Verbänden sowie der Politik zusammengebracht", sagte Prof. Rolf Schwartmann, der als Vorsitzender des Forums Daten und Digitalisierung (FDD) der European netID Foundation durch den Tag führte. 

Die Themen hatten es sich: “Digitale Souveränität in der EU”, "Pay- or Consent-Modelle", “KI und Biometrie im Internet-Business” sowie “Identity-Wallets”. So hochkarätig wie die Themen waren auch die Gäste. Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments und Spezialist für Digitales, sprach über die Digitale Souveränität in Europa. Ein brisantes Thema angesichts der derzeit angespannten Lage mit den USA. “Wie kann Europa digital überleben?”, fragte Axel Voss und gab auch gleich die Antwort: Selbständigkeit mit eigenen Angeboten und schnellere Gesetzgebungsverfahren. “Wir brauchen viel Geld, Sicherheit und eine eigene Infrastruktur”, sagte Voss. Dabei müsse der Wettbewerb zwischen den Bundesländern und auch zwischen den EU-Mitgliedsstaaten eingestellt werden. “Wir können uns das nicht mehr leisten”, so Voss. 

Pay or Consent-Modell aus Sicht der Praxis und der Aufsicht

Im nächsten Block betrachteten die Referentinnen und Referenten das Pay- or Consent-Modell, das bei vielen redaktionellen Angeboten zum Einsatz kommt. Dabei stimmen User der Verarbeitung ihrer Daten insbesondere für personalisierte Werbung zu oder müssen für ein “Track-Free” Angebot bezahlen. Dirk Freytag, Präsident des Bundesverbands Digitaler Wirtschaft und Geschäftsführer des Content Pass, gab einen Einblick in die Praxis der Einholung der Einwilligungen. Im Anschluss diskutierten Carolin Loy vom Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) und Prof. Tobias Keber, Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI BW), Vor- und Nachteile des Pur-Modells. Dabei spielte auch der Preis der Gegenleistung für ein Angebot ohne personalisierte Werbung, der je nach Publisher unterschiedlich ausfallen kann, eine Rolle. Zum Abschluss des Blocks berichtete die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Prof. Louisa Specht-Riemenschneider, über Einwilligungsdienste aus der Perspektive der Aufsicht. Dabei wurden auch die sogenannten Privacy Information Management Systeme, kurz PIMS, besprochen. Mit den Diensten soll die sogenannte Cookie-Fatigue überwunden werden, indem automatisiert Cookie-Präferenzen abgegeben und zentral verwaltet werden. Ein mögliches Problem, das in der Diskussion genannt wurde: Je nach technischem Lösungsansatz könnten die Browser-Hersteller, die sowieso schon vielfach als Gatekeeper fungieren, noch mehr Macht erlangen. 

Die Regulatorik muss beim Themenfeld KI und Biometrie schneller werden 

Der dritte Teil des Symposiums behandelte das Thema KI und Biometrie in der Online-Wirtschaft. Insbesondere beim E-Commerce gelte es, Nutzerinnen und Nutzer korrekt zu identifizieren, um Betrug und Missbrauch zu vermeiden. Zwar gebe es Fortschritte, aber noch könnten nicht alle technischen Möglichkeiten ausgenutzt werden. “Die Regulatorik muss genau so schnell arbeiten wie die dunkle Seite der Macht”, forderte Uwe Stelzig von IDnow, Dienstleister für Identitätsüberprüfung.

Mit Identity Wallets wird die Prüfung der Identität einfacher

Im letzten Block ging es um das Thema “Identity Wallets”. Mit diesen Anwendungen soll es einfacher werden, Identitäten zu checken und für Internet-Services zu nutzen. Daniel Dagehus, Geschäftsführer für Technologie und Produkt der European netID Foundation, gab dabei einen kurzen Ausblick auf die kommende netID Wallet, mit der netID noch wertvoller für die User wird. Dann können sich die angemeldeten User direkt über eine Wallet-App bei teilnehmenden Internet-Angeboten nicht nur anmelden, sondern auch ihre Identität mit bestimmten Eigenschaften nachweisen. 

Das Fazit zogen Uli Hegge, CEO der European netID Foundation, und Prof. Rolf Schwartmann.  Beide waren sich darin einig, dass Europa mehr Eigenständigkeit bei der Digitalisierung anstreben muss. “Wir müssen das groß denken”, forderte Uli Hegge. Infrastrukturen, Dienstleister, Publisher, Händler müssten sich noch besser verzahnen. “Wir brauchen einen gemeinsamen Diskurs und müssen alle Kompetenzen zusammenschmeißen”, bestätigte Prof. Schwartmann. “Es ist ein neuer Spirit gefragt.” 

Die Fotogalerie mit Eindrücken vom Symposium.