Der "Trends and Predictions Report 2025" des Reuters Institute beleuchtet jährlich die neuesten Entwicklungen in den Medien. Laut Thomas Rebbe, als Head of Editorial Content verantwortlich für die redaktionellen Inhalte von WEB.DE und GMX, zählt der Report mittlerweile zu den wichtigsten Studien der Branche – insbesondere für den hiesigen Markt: Mit 12 Prozent kommt die zweitgrößte Gruppe der Teilnehmenden aus deutschen Medienhäusern. 

Im Blog-Flash analysiert Thomas Rebbe die wichtigsten Punkte aus der Studie:

Was sind für dich die überraschendsten Trends, die im neuen Report des Reuters Institute benannt werden.

Besonders überrascht hat mich die Geschwindigkeit, in der sich Trends mittlerweile innerhalb weniger Monate umkehren können. 68 Prozent der Publisher geben an, auf X weniger aktiv zu sein, bei Facebook liegt der Anteil bei 42 Prozent. Umgekehrt sind TikTok, YouTube und AI-Tools wie Perplexity in den Redaktionen auf dem Vormarsch. Damit folgen die Medien einer Entwicklung, die sich auch bei der Nutzung dieser Social-Media-Plattformen bereits im letzten Jahr dramatisch gezeigt hat. 

In Bezug auf Social Media wird in der Studie von einer Social-Video-Explosion gesprochen. Sind vertikale Videos erfolgreicher als horizontale Bewegtbilder? 

Sie sind in jedem Fall eine sehr erfolgreiche Ergänzung zu den bekannten horizontalen Videos. In den Apps von WEB.DE und GMX haben wir im letzten Jahr ebenfalls vertikale Videos sehr erfolgreich gestartet. Damit erreichen wir überdurchschnittlich viele junge Menschen. Wir konnten die Videoabrufe in den Apps fast verfünffachen, das spricht eine klare Sprache. Die Nutzungsgewohnheiten von Nachrichten verändern sich einfach sehr spürbar, darauf müssen journalistische Medien natürlich eine Antwort haben. Ansonsten werden sie von TikTok und YouTube abgehängt.

Auch die KI-generierten Inhalte sollen "explodieren" – wird dies auch GMX und WEB.DE beeinflussen?

Leider explodieren diese Inhalte aktuell vor allem auf irgendwelchen Pseudo-News-Seiten, die wenig bis keine journalistischen Standards einhalten. Das ist ein Problem. Den Leserinnen und Leser wird es immer schwerer gemacht, glaubwürdige Medien und Inhalte zu erkennen. Aber die Antwort darauf kann nicht sein, auf KI-generierte Inhalte pauschal zu verzichten. Es müssen dieselben Qualitätsansprüche eingehalten werden. Daher testen wir – und nutzen bereits – den Einsatz von KI an verschiedenen Stellen. Und ja: Künstliche Intelligenz wird den Journalismus und damit auch WEB.DE und GMX beeinflussen.

Werden intelligente Agenten künftig durch das News-Angebot führen?

Das ist eine wahrscheinliche Entwicklung, die Medien im Blick haben müssen. Können intelligente Agenten die nächsten Aggregatoren werden, bei denen Medien nur noch Inhalte zuliefern? Oder nutzen die Menschen ihre bevorzugten Medienmarken, um dort intelligent und personalisiert die relevantesten Nachrichten aufbereitet zu bekommen? Entscheidend ist jedenfalls, die Nutzerbindung der eigenen Leserinnen und Leser zu stärken. Nur so werden wir diese Entwicklung selbstbestimmt mitgestalten. 

Nachrichtenmüdigkeit ist laut Reuters Report weiterhin ein Thema. Eine Lösung könnte sein, weniger laut zu sein. 

Ja, wir leben in einer lauten Welt. Je polarisierender und meinungsstärker Inhalte sind, desto besser funktionieren sie. Die Algorithmen der großen sozialen Netzwerke setzen ganz besonders auf diese Effekte und führen damit gleichzeitig zu einer wachsenden Nachrichtenmüdigkeit. Die Folgen sind paradox: Je lauter, umso besser ist der kurzfristige messbare Erfolg in Zahlen und Klicks – und umso stärker sägen manche Medien am eigenen Ast. Natürlich können wir die Krisen und Katastrophen nicht einfach wegwischen. Aber wir können durchaus versuchen, nicht jedes Thema möglichst reißerisch und polarisierend umzusetzen. WEB.DE und GMX wollen deshalb ganz bewusst auch Themen auf die Agenda bringen, die Hoffnung machen.